Kant: Deontologische Ethik (Pflichtenethik)

Immanuel Kant prägt durch die deontologische Ethik (auch bekannt als Pflichtenethik) bis heute moralische Diskussionen – und den ersten Artikel unseres Grundgesetzes. Im Zentrum seiner Theorie steht der gute Wille: unser Handeln gilt eben dann als gut, wenn wir einer vernünftigen, allgemeinen Pflicht nachkommen. Doch welche Pflichten gelten als gut? Der Beitrag soll eben hierauf eine Antwort liefern und beleuchtet dabei Kants zentrale Konzepte und Begriffe seiner Moralphilosophie.

Kant deontologische Ethik (Pflichtenethik): Kant orientiert sich in seiner Moralphilosophie am Pflichtbegriff. Er formuliert den allgemeinen Anspruch in Form des kategorischen Imperativs, der kategorisch heißt, weil er absolut verbindlich in jedem Fall geht - er ist immer verpflichtend.

Kant – Deontologische Ethik: Grundlagen

Grundsätzlich gilt eine moralische Handlung bei Kant als gut, wenn ihre Maxime (der Grundsatz einer Handlung) für alle Menschen verallgemeinert werden kann. Beispiel: Das Teilen der eigenen Mitschriften mit einer Freundin ist gut, da man sich hilfsbereit verhält. Hilfsbereitschaft ist eine Maxime, die wir für alle Menschen (sinnvoll) verallgemeinern können.

Für dieses Prinzip formuliert Kant seinen kategorischen Imperativ: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie zum allgemeinen Gesetz werde. Einfach gesagt: wir sollen nach Grundsätzen handeln, die wir ohne Bedenken für alle Menschen verallgemeinern können. Beispiele hierfür können sein:

  • Menschen sollen nicht töten.
  • Wir sollen stets ehrlich zueinander sein.
  • In einer Gemeinschaft sollte man sich gegenseitig helfen.
  • Tiere sollen wir ebenfalls mit Respekt behandeln.

Bedeutung der Freiheit

Freiheit und Pflicht scheinen auf den ersten Blick miteinander unvereinbare Begriffe, denn Pflichten schränken uns ein, sie schenken uns keine Freiheiten. Kant möchte dieses Alltagsverständnis korrigieren. Laut ihm ist Freiheit nicht ohne Verpflichtung möglich. Als Beweis führt er unseren Verstand an: Er legt Freiheit als Verpflichtung aus, da wir auf unsere Stimmungen und Bedürfnisse hören wollen. Letztlich sind wir also doch fremdbestimmt durch unseren Körper.

Freiheit ist beim Menschen also die Fähigkeit, unabhängig von uns bestimmenden Ursachen zu handeln, da wir im Besitz der Vernunft sind. Andere Lebewesen hingegen sind gezwungen, auf ihre Instinkte und körperlichen Bedürfnisse zu hören, werden also durch diese bestimmt. Einfacher wird es mit einem Beispiel:

Freiheit gilt bei Kant somit als Autonomie. Warum Autonomie? Autonomie, uns selbst die Pflichten aufzuerlegen, denen wir folgen. Wir können uns unabhängig von äußeren Ursachen machen, aber letztlich nicht unabhängig von Pflichten.

Der gute Wille nach Kant

Anders als im Utilitarismus zählen für Kant nicht die Folgen einer Handlung, sondern allein die Motive sind bei der Bewertung relevant. Entscheidend hierfür ist der gute Wille: dieser gilt als gut, wenn er durch eine Pflicht bestimmt wird, die dem kategorischen Imperativ entspricht. „Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zur Erreichung irgend eines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch sein Wollen, d.i. an sich gut […]“.

Das Handeln aus Neigung hingegen würde Kant nicht als gut ansehen. Dies kann ein Beispiel einfach veranschaulichen:

Das moralische Gesetz

Die meisten Moraltheorien verfolgen die Vorstellung eines objektiven Prinzips oder allgemein gültigen Regeln, mit denen wir Handlungen als gut und böse einteilen können. Kant nennt dieses Prinzip das „Gebot (der Vernunft) und die Formel des Gebots heißt Imperativ. Diese werden durch ein Sollen ausgedrückt und bringen den zugrundeliegenden guten Willen zum Ausdruck.

Der Unterschied zwischen dem hypothetischen und kategorischen Imperativ

Imperative können in a) hypothetisch und b) kategorisch unterteilt werden. Als moralisch wünschenswert gilt für Kant der kategorische Imperativ, da er die Beachtung einer Pflicht zum Ausdruck bringt.
a) Hypothetischer Imperativ: Bringt eine Handlung als Mittel zum Zweck zum Ausdruck. (z.B. Ich bin freundlich zu meiner Lehrkraft, um eine gute Note zu erhalten.)
b) Kategorischer Imperativ: Bringt eine Handlung zum Ausdruck, die als objektiv notwendig erscheint und für sich selbst steht. (Ich bin freundlich gegenüber meinen Mitmenschen.)

Kant: Deontologische Ethik – die Bedeutung der Pflicht

Kant unterscheidet in seiner Theorie scharf zwischen Handlungsmotiven (Maximen), die aus Neigung und aus Pflicht entstehen. Er verurteilt das Handeln aus Neigung (z.B. aus Sympathie, aus aktuellen Gefühlslagen etc.) und ist – gewissermaßen – ein Prinzipienreiter. Den moralischen Wert einer Handlung bemisst er daher anhand der zugrundeliegenden Pflicht (oder dem Prinzip des Wollens): „Eine Handlung aus Pflicht hat ihren moralischen Wert nicht in der Absicht, welche dadurch erreicht werden soll, sondern in der Maxime, nach der sie beschlossen wird […]“.

Die Pflicht ist für Kant „die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz“. Mit Gesetzen meint er an dieser Stelle Gebote in der Form des kategorischen Imperativs. Sollte man aus reiner Neigung heraus nur „zufällig“ den Gesetzen entsprechen, wäre diese Handlung nicht moralisch gut.

Die Deontologische Ethik nach Kant: eine Zusammenfassung

Folgend findet sich eine Stichwortliste mit allen wichtigen Infos zu der Pflichtenethik nach Kant:

  • Kants Ziel: Aufklärung über alltägliches Freiheitsverständnis
  • Freiheit nicht ohne Verpflichtung möglich
    • widerspricht alltäglichem Verständnis
    • aber: Alltagsverstand legt Freiheit implizit als Verpflichtung aus ⟶ auf eigene Stimmungen, Gefühle und Bedürfnisse hören, Abhängigkeit von körperlichen Interessen = Fremdbestimmung
  • Verpflichtung allerdings nicht als Erleben von Fremdbestimmung bei Kant
    • Verpflichtung = Selbstverpflichtung auf unbedingte Forderung des Sittengesetzes
  • Freiheit = Autonomie
  • Autonomie = Verpflichtung auf Gesetz, das jeder Mensch in sich selbst vorfindet

Rechtfertigung dieses Freiheitsbegriffs

  • gesunder Menschenverstand als Basis ⟶ weiß, dass er das Gute tun soll, Forderung als Gebot: “Du sollst das Gute tun!”
  • das “Gute” = der “gute Wille
  • Wille nicht als bloßer Wunsch, sondern Aufbietung aller Kräfte eines Menschen
  • Wann ist ein Wille “gut”?
    • nicht gut, wenn Zweck verfolgt, der außer ihm liegt ⟶ Wille wäre dann fremdbestimmt durch äußeren Zweck
    • nicht vom Handlungserfolg abhängig, sondern von Motiven, weil Erfolg vom Zufall abhängt
    • gut, wenn er sich selbst auf etwas verpflichtet ⟶ nur Pflicht bleibt als Bestimmungsgrund, Erfahrung und Neigung als Feinde der Sittlichkeit
    • Wille = gut, wenn durch Pflicht bestimmt (Handeln aus Pflicht, pflichtgemäßes Handeln)
  • Pflicht = Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung für das Gesetz (Handlung aus Pflicht erhält moralischen Wert durch Maxime, also Grundhaltung)
  • Gesetz = Formel des praktischen Gesetzes als kategorischer Imperativ: “Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, das sie ein allgemeines Gesetz werde.”

Ergänzende Hinweise

  • kategorisch heißt der Imperativ, weil er notwendig und allgemein gelten muss, nicht nur zum Erreichen einer möglichen oder wirklichen Absicht, wie die hypothetischen Imperative
  • kategorischer Imperativ auf Form der Handlung bezogen, nicht auf Materie
  • kategorischer Imperativ verallgemeinert eine Maxime, nicht eine spezifische Handlung oder Handlungsfolge, Kant geht es nie um das, was tatsächlich geschieht, sondern das, was geschehen soll

Literaturverzeichnis

Clikates, Robin und Gosepath, Stefan: Philosophie der Moral: Texte von der Antike bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main 2009.

Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, hsrg. von Theodor Valentiner, Stuttgart 1984.

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