Globaler Klimastreik in Wittenberg

Am 24.09. hat Fridays for Future erneut zum globalen Klimastreik aufgerufen. Dieser kommt kurz vor einer entscheidenden Bundestagswahl, welche nur zwei Tage darauf stattfindet: das Rennen um Platz eins ist so knapp wie lange nicht mehr. Es gibt auch realistische Möglichkeiten für eine Regierung ohne die Union, seit 16 Jahren beinahe undenkbar. Klima- und Umweltschutz ist das wichtigste Thema der Wahl, darauf machten auch die Teilnehmenden aufmerksam.

Klimastreik in Wittenberg ist gut besucht

Trotz der kurzfristigen Organisation und recht eingeschränkter Werbung für die Aktion nahmen weit mehr als 100 Menschen an der Demo in Wittenberg teil. Diese trudelten nach und nach ab 15 Uhr auf der Schlosswiese ein. Darunter sind natürlich auch viele bekannte Gesichter politischer Jugendorganisationen aus Wittenberg wie der Linksjugend oder den Jusos. Die Teilnehmenden brachten teils selbstgebastelte Schilder mit, es sind klassische Sprüche der FFF-Community.

Zu Beginn handelte es sich mehr um eine lockere Versammlung, viele Bekannte begrüßten sich untereinander, tauschten sich aus. Allerdings sollte es nicht dabei bleiben, denn neben den Teilnehmenden kamen auch zwei Kandidaten für die anstehende Bundestagswahl aus Wittenberg zu der Veranstaltung. Mit diesen gemeinsam hatte man eine kleine Podiumsdiskussion geplant.

Demo wird zum Podium für die Wahl

Bei den Kandidaten handelt es sich um Sepp Müller (CDU) und Leonard Schneider (SPD). Gemeinsam mit einem Vertreter der LINKEN und einem Vertreter der IG BCE wurde ein Podium rund um Klimaschutzfragen eröffnet. Dabei sollten die Teilnehmer zuerst offenlegen, ab wann ihre Partei bzw. Organisation klimaneutral werden will. Von 2045 bis „am besten sofort“ war alles dabei. In der Folge ging es um konkrete Maßnahmen.

Diskussion im Podium

Sepp Müller von der CDU betonte dabei seinen bisherigen Einsatz für die Aufforstung im Wahlkreis und misst insbesondere dem Wald eine große Bedeutung dabei zu, um CO2 aus der Atmosphäre zu holen. Außerdem möchte er vor allem auf Innovationsförderung setzen und widerspricht einem Ansatz, der sich an staatlichen Verboten orientiert. SPD-Kandidat Leonard Schneider hingegen wirbt vor allem für einen schnellen und konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien: „Auf jedes dafür geeignete Dach muss eine Solaranlage kommen.“ heißt es da beispielsweise. Doch auch der ÖPNV spielt für ihn eine große Rolle, denn dieser muss ausgebaut und breiter, möglichst kostenfrei, zugänglich gemacht werden. Außerdem sei ein Ausbau der Wasserstofftechnologie wichtig, vor allem, wenn man in der Industrie CO2-neutral wirtschaften will. Letzterem stimmt auch Müller zu.

Die Vertreter von IG BCE und der LINKEN schließen sich insbesondere bei der Förderung des ÖPNV an. Allerdings seien die Ausbauziele für erneuerbare Energien nicht ehrgeizig genug. Beim Klimaschutz müsse man auch darauf achten, dass das Soziale nicht zu kurz komme. Alle Menschen sollen mitgenommen werden.

Die Teilnehmenden stellen ihre Fragen

Im Anschluss an diese allgemeinen Fragen sollten die Teilnehmenden des Klimastreiks in Wittenberg die Gelegenheit bekommen, ihre Fragen zu stellen. Großer Redebedarf bestand insbesondere gegenüber Müller. Dessen CDU hat schließlich die Klima- und Umweltpolitik der letzten 16 Jahre wesentlich zu verantworten. Entsprechend scharf fielen auch die Fragen aus. So wurde beispielsweise die Aufforstung kritisiert: die Verfahren seien hier nicht nur äußerst komplex, sondern mit Aufforstung allein ist es nicht getan. Zudem ist fraglich, welche Vegetation mit Hinblick auf die bereits laufende klimatische Veränderung langfristig bei uns überdauern wird.

Einfachen Maßnahmen zur Einsparung von CO2, beispielsweise der Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen (2,2 Mio. t CO2 Ersparnis bei 130 km/h) oder einem früheren Kohleausstieg, stimmt er nicht zu. Beim Ausbau von Erneuerbaren verwies er auf die gute Quote Sachsen-Anhalts und griff Berlin und dessen Rot-grün-rote Regierung an, die nur sechs Windräder insgesamt hätten. Dabei schritt der Vertreter der IG BCE ein, Müller wolle doch wohl Berlin nicht mit einem Land wie Sachsen-Anhalt vergleichen. Dort mangele es vor allem an Wohnraum, dafür wird der Platz benötigt. Müller verteidigte sich, dass doch kleinere Lösungen mit Windrädern am Haus gefunden werden könnten.

Eine pikante Frage erfolgte zum Schluss: nämlich zur Enteignung der Deutschen Bahn. Der Vertreter der LINKEN zögerte nicht lang und erklärte, dass selbstverständlich alle öffentlichen Verkehrsmittel voll in öffentlicher Hand sein müssen. Müller wies die Frage zurück mit dem Verweis darauf, dass die Deutsche Bahn bereits zu 100% in staatlicher Hand sei und allein vergangenes Jahr rund 5 Mrd. Euro investiert wurde, um sie am Laufen zu halten. Tatsächlich ist die Deutsche Bahn ein Aktienunternehmen, dessen Halter zu 100% die Bundesrepublik ist. Die Beschäftigten sind dennoch nicht im öffentlichen Dienst oder gar Beamte, das Unternehmen wird privatwirtschaftlich geführt.

Schneider von der SPD zögerte etwas, machte dann aber deutlich, dass man dieser Forderung vorsichtig zustimmen müsse. Wenn Individualverkehr abgebaut werden soll, muss es einen verlässlichen ÖPNV geben. Dazu gehöre nicht nur, dass er günstig oder gar kostenfrei sei, sondern auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst stehen. Ein Aktienunternehmen, dessen Vorstände sechsstellige Bezüge pro Jahr bekommen, brauche es dafür nicht.

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